Die Rolle von HR – „Rocky“, Smutje oder 1. Offizier? Mit offenen Augen in den Untergang?


mr-smee-300_t268Personaler dieser Welt – definiert Euch! Das ist die indirekte Aufforderung, die HR seit Jahren entgegenschlägt. Eine Orientierung an Roman- und Filmfiguren  könnte helfen. Es müssen ja nicht immer Grimm’s Märchen sein.

Die Rolle von HR? Mehr Wunsch als Wirklichkeit

Vor einigen Tagen las ich einen Artikel im blog des Human Resources Manager. Der Artikel empfahl den HR’ler, sich an Sly Stallone als „Rocky“ zu orientieren (wir erinnern uns: „Adriaaaan! Adriaaan“). Rocky hat Nehmerqualitäten, steht immer wieder auf. Das muss auch HR machen. Denn 2013 gibt es viel zu tun.

Im ersten Moment dachte ich: „Toll, ein Vergleich mit Rocky! Da hätte ich auch mal drauf kommen können.“ Aber irgendwie fühlte ich mich gar nicht wohl damit, Rocky als Vorbild für HR zu nennen. Da störte mich etwas. Meine Erkenntnis nach längerem Überlegen:  Ich halte es sogar für extrem gefährlich! Es stimmt nämlich gar nicht. Und dann habe ich andere Analogien gesucht.

Die Rolle von HR? Auf jeden Fall kein Held!

Warum taugt Rocky nicht als Vorbild für HR? Rocky ist ein Mann innerer Überzeugungen, innerer Stärke. Aber auch gleichzeitig voller Lebensweisheit. Er geht Kämpfen eigentlich aus dem Weg. Erträgt Demütigungen, ist geduldig, lässt anderen den Vortritt. Klingt wie HR? Vielleicht. Rocky wächst dann über sich hinaus, wenn eine innere Grenze überschritten ist. Im vierten Teil ließ sich von seinem Freund Apollo Creek überreden, ihn den Kampf gegen Ivan Drago bestreiten zu lassen. Mit der bekannten tödlichen Folge. Ab hier wird Rocky zu einem eiskalten Rächer, der alles erträgt um zum Ziel zu kommen. Der Punkt ist aus meiner Sicht: Er macht das in erster Linie für sich! Weil seine Überzeugungen es nicht anders zulassen. Er ist es sich schuldig. Er würde das nie nie nie nur für andere tun, oder für Geld oder Ruhm. Ruhm und Geld bekommt er trotzdem, aber sein Motiv war, den Tod seines Freundes zu rächen.

Eine ähnliche Rolle finden wir bei Charles Bronson in „Das Gesetz bin ich“. Auch er erträgt alles, geht Kämpfen aus dem Weg, weil er eigentlich gar nicht kämpfen will. Er versucht sogar, über gutes Handeln seine zu Unrecht erhaltene Strafe abzuwenden. Aber als seine persönliche Grenze überschritten wird (Zerstörung seiner Melonenernte), verfolgt er erbarmungslos sein Ziel: Rache. Beides Figuren sind Einzelgänger, leben in ihrer eigenen Welt – und haben ihre eigenen Wertmaßstäbe. Ihr Durchhalten kommt aus dem Wissen um ihre Stärke. Sie wissen, dass sie sich erfolgreich wehren können, wenn es sein muss.

Ich kenne kaum einen HR’ler, den ich als Einzelgänger bezeichnen würde. Und welche Möglichkeiten hat HR, „zum letzten Mittel zu greifen, um zu gewinnen“? Mir fällt nichts ein. Den CEO absetzen, weil er eine schlechte Unternehmenskultur prägt. Die Führungskraft degradieren, weil die Mitarbeiter unmotiviert sind? Hm. Schwierig, oder? Abgesehen davon glaube ich, dass „HR“ (mal so ganz allgemein gesprochen), das Herrscher- oder Killer-Gen fehlt, um sich durchzusetzen. Gunther Dueck verortet die Persönlichkeitsstruktur von HR’lern eher in Richtung „Mutter Teresa“. Da liegt er glaube ich nicht sooo falsch. Nur mal so nebenbei: Wer mal abends 90 Minuten Zeit hat, sollte sich unbedingt diesen Vortrag von „wilddueck“ anhören. U.a. erklärt er, warum manche Persönlichkeitseigenschaften in bestimmten Berufsgruppen gar nicht bzw. gehäuft vorkommen. Und warum BWL’er und Mathematiker sich nicht verstehen. Exzellent und kurzweilig!

Zurück zur Rolle von HR: Warum ist der Rocky-Vergleich aber so gefährlich? Nun, Rocky oder Bronson würden im Zweifel auch für ihre Überzeugungen untergehen. So weit sollte HR aber nicht gehen. „immer weiter so“ ist ein schlechter Rat. Oder rufen Sie einem Kapitän, der als letzter auf seinem brennenden Schiff steht zu:„“Denk an John Meynard! Halte durch!“ Sie wissen doch, „John Meynard war unser Steuermann … er starb für uns, unsere Liebe sein Lohn“. Das wäre zynisch. Und Zynismus können wir hier nicht gebrauchen.

Die Rolle von HR? Eher der dienstbare Geist

Also, kommen wir zu den Alternativen: Mein erster Gedanke war Smee, der Smutje und persönliche Assistent von Kapitän Hook in „Peter Pan“. Sehr schön auch die Schlange „Sir Hiss“ als Berater von Prinz John in „Robin Hood“ („Hiss, du kitzelst mir im Ohr“). Beide bemühen sich redlich, beide sind von ihren Aufgaben überzeugt, beide sind fachlich gut, beide sehen die Realität deutlich besser als ihr Chef. Ihr Problem: Egal was sie tun, es wird nicht anerkannt. Ihr Chef sieht nicht, was für einen guten Job sie machen. Dazu kommt, dass sie als Assistent keinen eigenen Wertbeitrag liefern. Sie sind „nur“ Berater und Assi. Beide leiden darunter und distanzieren sich am Ende deutlich von ihrem Chef. Smee versucht abzuhauen, eilt seinem Kapitän dann aber doch zur Hilfe. Und Sir Hiss klopft mit Prinz John Steine, bekundet aber offen seine Freude über das Glück von Robin Hood und Maid Marian.

Sie sind mit ihrer Persönlichkeitsstruktur des Dienens, der Hilfsbereitschaft, aber auch ihrem Realitätssinn deutlich näher am „Personaler“ dran als Rocky. Beide haben, zumindest innerlich, den Absprung geschafft. Auch wenn dieser Absprung zu spät kam, um sich auch räumlich zu distanzieren. Smee könnte bei der Rettung von Hook selber vom Krokodil gefressen werden. Sir Hiss sein Leben lang Steine klopfen. Darum ist ihr Rat an HR: Macht nicht weiter so! Zieht die Reißleine! Nehmt Rocky als warnendes Beispiel. Oder wollt ihr als Invalide enden? Nicht umsonst gibt es immer mehr (zum Teil „prominente“) HR Köpfe, die aussteigen.

Die Rolle von HR? Anerkannt und hart in der Sache!

Bleibt die Frage, wer ein gutes Vorbild für HR sein kann. Da fällt mir sofort der 1. Offizier Leutnant William Bush ein, der seinen Dienst unter Admiral Horatio Hornblower (legendär Gregory Peck in „Des Königs Admiral“) versieht. Er ist der zweitwichtigste Mann an Bord, die Mannschaft hört auf seine Befehle, er kennt sein Schiff und seine Aufgaben perfekt und ist anerkannter Ratgeber des Kapitäns. Er ist unbedingt loyal, hinterfragt aber auch mal kritisch. Sein Vorteil: Er hat diesen wichtigen Status nicht nur aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Fähigkeiten, sondern auch aufgrund seines Amtes. Das er sich aber erarbeiten musste.

Bei der Suche nach einer Lösung stoßen wir auf das alte Problem, was tun mit HR? HR wird das alleine nicht lösen können. Das Problem liegt auch mit am „Amt HR“, dessen Aufgaben eher denen eines Smutje gleichen. HR muss aber „1. Offizier“ werden. Oder die 1. Offiziere müssen stärker die Aufgaben von HR übernehmen. Und damit HR auflösen. Diesen Vorschlag habe ich schon gemacht und sehe ihn in Teilen als realistisch. Nicht in fünf Jahren, aber bald. HR tut also gut daran, von Sir Hiss und Smee zu lernen – und sollte anfangen, sich zu distanzieren.

Die Frage ist, wohin?

Ihr Henrik Zaborowski

2 Gedanken zu „Die Rolle von HR – „Rocky“, Smutje oder 1. Offizier? Mit offenen Augen in den Untergang?

  1. Kanonenkugel trifft weißen Wal.

    Kapitän Ahab auf der Brücke, argwöhnisch marschierte er auf Deck, blitzblank von Versallen geschrubbt, ihn selbst widerspiegelnd. Sein versehrter Leib gleicht einer Waffe – bereit zu Allem, getrieben von Ressentiments, ein grausames Holzbein am Leib – ein Schicksalsgott antiker Dimension – und hoffentlich kein HR’ler der selbst anheuert.

    Solche Charaktere sind Hollywood, glanzvoll und faszinierend. Im Leben mag man ihnen nicht begegnen …

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